Samstag, 1. August 2009
Wie lange noch bis Bekloppt?
Heute ist das Fieber runter. Er liegt mit hinter dem Kopf verschränkten Armen im Bett und pfeift oder singt seine Lieblings-CDs mit, während ein lustiges Funkeln in seinen Augenwinkeln sitzt.

Zum Frühstück aß er 2 Brote und trank 200 ml Tee. Das Mittagessen bestand aus einer Bohnensuppe, Geschnetzeltem, Salat und Reis und ebenfalls 200 ml Tee.

Heute Morgen war auch sein Pastor da, um ihm eine Krankenkommunion zu bringen und mein Vater betete alle Gebete korrekt und fehlerfrei mit. Er war ergriffen und bedankte sich innigst beim Pastor.

Wie oft wird er uns noch überraschen?

Harter Knochen.

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Freitag, 31. Juli 2009
Die Lage ist nicht besser. Eher schlimmer. Nun ist er nicht mehr ansprechbar und hat schon wieder den nächsten Infekt.

Bitte, wer auch immer da oben oder anders wo, lass es ... Du weißt schon.

Wie lange noch?

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Sonntag, 26. Juli 2009
Finale?
Klinisch gesund wurde mein Vater gestern aus dem Krankenhaus entlassen. Dennoch weigert er sich weiter sehr vehement, Flüssigkeit oder Nahrung zu sich zu nehmen. Und seine Medikamente nimmt er erst recht nicht. Das bedeutet, dass er häufiger mal schmerzhafte Blasenkrämpfe bekommt. Das bedeutet auch, dass die Pflege kaum möglich ist, weil er sich völlig dagegen sperrt. Er spricht von Einsamkeit und Schwäche und scheint zumeist ganz da zu sein.

Eine Pflegerin sagte meiner Mutter heute ganz offen, dass das der Anfang vom Ende sein könnte. Ich bin froh, dass sie (die ohnehin eine unserer Lieblingspflegerinnen ist), den Tod so offen anspricht.

Wir weinen viel und überlegen, ihn für die letzte Zeit nach hause zu holen und ob wir das emotional, kraftmäßig und logistisch hin bekommen.

Schrecklich finde ich, dass G. nicht da ist. Er ist zwar keine große Hilfe aber doch auf jeden Fall eine Stütze. Aber wer konnte das vorher wissen... ?

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Montag, 20. Juli 2009
Superkallifragilistik und Demenz
Mein Vater scheint gut aufgehoben auf dieser Station. Die Schwestern sind sehr aufmerksam und liebevoll im Umgang mit ihm. Die Ärzte erklären meiner Mom jede Kleinigkeit sehr genau. Auch sie hat ein gutes Gefühl dort.
Mein Vater selbst ist nachwievor sehr geschwächt, auch wenn das Fieber mittlerweile runter ist. Samstag lagen seine Leukozyten noch bei 30.000, was ziemlich hoch ist. Das hätte man allein mit Tabletten im Pflegeheim nicht in den Griff bekommen. Alle Ärzte sind sich einig, dass er das nicht überstanden hätte, wenn man nicht gleich mit Infusionen reagiert hätte. Nun wird man ihn erst mal gesunden und zu Kräften kommen lassen und ihm dann einen suprapubischen Katheter setzen. Da Demenzpatienten immer an solchen Dingen rumfummeln, wird man ihm auch gleich einen Fake-Katheter anlegen, mit dem er bedenkenlos spielen kann. Wenn es nicht so traurig wäre müsste ich darüber schmunzeln.

... bald wieder.

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Samstag, 18. Juli 2009
Nah am Wasser...
Es war nur eine Frage der Zeit, wann es meinem Vater wieder schlechter gehen würde.
Seit gestern ist er im Krankenhaus und bekommt 3 verschiedene Infusionen: Natriumchloridlösung, Antibiotikum und irgend so ein Nierenspülzeug.
Vorgestern hat er sich selbst fast den Dauerkatheter gezogen, was eine Blutung verursachte. Da er aber auch seit Tagen kaum noch isst oder trinkt, hatte er auch einen beginnenden Harnwegsinfekt, wodurch sich die Wunde entzündete. Starke Schmerzen, vom Infekt und der geringen Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr geschwächt, verwirrter als eh schon wegen ungewohnter Menschen in ungewohnter Umgebung, nun auch noch an den Händen fixiert, damit er sich nicht die Zugänge raus reißt... ich darf gar nicht dran denken.

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Donnerstag, 11. Juni 2009
Schaf-Content
Ich stelle gerade fest, ich bin vorbelastet. Unten sehen Sie eine Kravatte meines Vaters:



Als Kinderarzt liebte er Kravatten mit Tieren oder Autos oder auch Mickey Mouse drauf (aber eher klein und dezent). Die Kinder waren bei den Untersuchungen meist etwas ruhiger, wenn sie sahen, dass es auf der Strippe, die ihnen vor dem Gesicht rumbaumelt, etwas zu entdecken gab.

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Dienstag, 31. März 2009
3 in 1
Mein Vater hatte heute von drei Leuten Besuch. Mittags von einem alten Freund. Am frühen Nachmittag von meiner Mom und am späten Nachmittag von mir. Drei Leute, drei Tageszeiten, drei verschiedene Interpretationen der Tagesform meines Vaters.
Der Freund berichtete, er sei hellwach, freundlich aber recht still gewesen. Er habe seine Umgebung durchaus wahr genommen, diese manchmal treffend aber knapp kommentiert und ansonsten geschwiegen.
Meine Mutter erlebte ihn ebenfalls schweigsam, aber grantig und unzufrieden. Auch habe er sie irgendwann weg geschickt. Er wollte allein sein.
Als ich kam, wurde ich mit lautem, fröhlichem "Hallo mein Schatz!" begrüßt und wir unterhielten uns drei Stunden lang über meine anstehende Reise, über Berufe, über Glück und Unglück, gute und wichtige Freunde im allgemeinen und speziellen, Liebe und Streit. Er futterte Unmengen, trank (und hielt sein Glas dabei selbst) und lag ansonsten entspannt auf dem Rücken, mit den Armen hinterm Kopf verschränkt, wenn er mir nicht gerade die Hand streichelte.

Heute Abend war Dean Martin seine Musik.

Man weiß wirklich nie, was einen erwartet, wenn man die Tür zu seinem Zimmer aufmacht.

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Dienstag, 24. März 2009
Sentimental
Es macht mich immer ganz fertig, wenn mein Vater dankbar, kuschelig und liebevoll ist.



Übrigens gefällt meinem Vater die Musik von Vienna Teng sehr gut.
Ich sollte ihm auch mal die anderen drei CDs mitbringen.

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Donnerstag, 19. März 2009
Andere Welt
Es gibt viele Tage, an denen mein Vater in einer eigenen Welt lebt. Es spielen sich für ihn Dinge ab, die ich nicht sehen kann, die er aber kommentiert. Als ich gestern zu ihm kam, saß er im Aufenthaltsraum an einem Tisch, auf dem dieverse bemalte und bekritzelte Blätter Papier, einen Haufen Buntstifte, ein umgefallener, leerer Becher und ein Stressball rumlagen. Den Stressball schnappte er sich schnell und fing an ihn sehr kräftig zwischen seinen Händen zu rollen. Dann putze er die Tischplatte damit. Das quietschte und er kommentierte das mit einem genervten Stirnrunzeln.
"Hallo Papi! Oh, du hast gemalt? Was denn?"
"Nebel"
"Ah, und was ist in dem Nebel?"
"Nebel!" (lacht)
...
"Komm, wir setzen uns ein bisschen auf den Balkon in die Sonne."
Dort angekommen fing er an sich über einen Man zu echauffieren, der seine Frau schlecht behandelt... bis zur Bewusstlosigkeit... ein böser Mann. Und von Fahrrädern hat der auch keine Ahnung. Und der fragt auch nie und ob ich das denn nicht sehen könnte. Später ging das so weit, dass er sich richtig aufregte und schimpfte und nichts essen wollte.
"Warum willst Du denn nichts essen? Du hast doch Hunger, hast Du gesagt."
"Keine Kontrolle" sagte er mit böser Mine.

Erst 1,5 Stunden später wurde er wieder ruhiger und aß dann auch endlich mit Genuss sein Leberwurstbrot, den Nudelsalat... und auch seine Tabletten konnten erfolgreich verabreicht werden.

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Samstag, 14. März 2009
Bodenhaftung


Es ist schon erstaunlich, mit was für Themen man sich im Leben so beschäftigt. Mit alternden Eltern ist es ähnlich, wie mit dem Babys. Die Themen reduzieren sich gelegentlich auf Körperfunktionen und einfachste Fähigkeiten. Zu erstem Thema kann man nur sagen: Problematisch. Zu letzterem: Er scheint sich ein bisschen zu fangen. 2-3 Wochen lang war mein Vater meist griesgrämig, redete nicht viel und wenn kamen keine ganzen Sätze mehr. Wir vermuteten, dass die Demenz schon so weit fortgeschritten ist, dass Emotionen und Sprache weiter nur noch eingeschränkt funktionieren. Aber es war nicht weg. Es war nur nicht da. Nur eine Phase. Umso froher war ich, als er bei meinen Besuchen diese Woche deutlich munterer, fröhlicher und presenter war, als in den letzten Wochen. Gestern war wohl sogar ein sehr anstrengender Tag für ihn und trotzdem plauderte er mich gestern Abend tot, so dass er gar nicht richtig zum Essen kam. Zwischendurch beugte er sich aus dem Bett zu mir herüber und legte mir den Arm um die Schulter, als wäre es das normalste auf der Welt. Er erzählte mir, das die Pflegemenschen hier manchmal komisch sind. Man darf ihnen nicht ohne weiteres trauen. Aber manche sind sehr nett. Er schien genau zu wissen, wo er ist. Und er schien dankbar zu sein, dass er durch Familie und Freunde so viel Besuch bekam. Und es stimmt. Im Vergleich zu anderen Bewohnern des Heimes, ist bei meinem Vater immer Party. Meist bekommt er 2x am Tag Besuch. Wenn nicht durch meine Mutter oder mich, dann durch alte Freunde. Sogar der Vater meiner besten Grundschulfreundin, der für mich lange Jahre ein Zweitvater war, kommt jetzt 1 Mal die Woche vorbei, isst mit ihm zu Mittag und erzählt ihm von alten Zeiten und was seine Tochter und ich früher alles angestellt haben. Er bringt meinen Vater zum Lachen. Das tut gut. Uns allen.

Es gibt aber auch Freunde, die zu meiner Mutter offen und ehrlich sagen, dass sie es nicht über's Herz bringen, Dad im Heim zu besuchen. Aber einige bieten dafür meiner Mutter ihre Hilfe, ihr Ohr und Ablenkung an. Ich finde das ehrlich und legtim und auch eine gute Möglichkeit, ein bisschen zu helfen. Ablenkung hilft meiner Mutter sehr.
Vorgestern ist auch noch eine sehr liebe Freundin von ihr nach 10 Jahren Krebs gestorben. Das geht meiner Mutter gerade mehr an die Substanz, als es früher gewesen wäre. Außerdem haben sich jetzt die Wogen geglättet. Es kehrt soetwas wie Alltag ein. Man muss sich nicht mehr jedes Mal aufraffen, meinen Vater zu besuchen. Man tut es und freut sich sogar auf die bedächtige Ruhe und die zuweilen fast philosophischen Gespräche, die mir selbst zumindest sogar recht gut tun können. Aber für meine Mutter gibt es auch nichts mehr zu organisieren. Kein Formularkrieg mehr. Keine Amts- und Versicherungsrennerei und -telefoniererei mehr. Sie kommt zur Ruhe. Und gleichzeitig kommt sie zum Denken und Fühlen. Ich hoffe, sie schafft das. Immerhin redet sie mit mir darüber.

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recording time: 6681 Tage
last track: 2014/01/25 19:09
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Ich bin auch gern hier. Es fühlt so geborgen an....
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