Ich habe heute von unserem Personalchef einen Fragebogen für Kurzzeitbeschäftigte und eine "Checkliste Beschäftigte Jugendliche" zugesendet bekommen. Nein, ich habe mir keine Sorgen gemacht oder mich geschmeichelt gefühlt. Denn die Mail richtete sich eigentlich an J, die morgen ihren ersten richtigen und echten Arbeitstag haben wird. Sie wird in meiner Firma so ein bisschen ferienjobben, Dinge tun, zu denen ich derzeit nicht komme und auch in anderen Abteilungen kleinere Projekte zum Teil sogar fast in Eigenregie durchführen.

Gestern war sie schon mal einfach so mit und ließ sich von mir rum führen. Meine Mutter fragte abends, wie es ihr gefallen habe und was das Beste gewesen sei. Prompt kam natürlich erst mal: "Die Schafe warn soo süüß! Eines hat sich sogar ganz lange streicheln lassen!" Aber dann besann sie sich auf einige technische Dinge in unserem Betrieb. Etikettiermaschinen, Abfüllanlagen, 50 Meter lange Laufbänder und der Gabelstaplerfahrer, der vor jeder Kurve hupt, wie in Italien. Ihr erste Aufgabe habe ich ihr auch schon erklärt und sie freut sich sogar drauf.

Ab morgen verdient die junge Dame also 7,50 €/Stunde, womit sie an einem Tag ungefär ihr monatliches Taschengeld erarbeitet. Nächste Woche geht sie erst mal shoppen.

Gerade noch. Haarscharf. Echt jetzt. Aber:

V E R S E T Z T ! ! ! ! !

Als wäre mein Leben nicht schon chaotisch genug. Jetzt haben die Stundenplaner der Schule meinr Tochter auch noch das 90 Minuten-Modell beschlossen. Theoretisch sieht das dann so aus:

Der neue Plan wird eingeteilt in eine A-Woche und eine B-Woche.
Der Stundenablauf ist wie folgt:

Eine 45min Stunde (Beginn 8:00 – Ende 8:45)
Eine 5min Pause
Eine 90 min Stunde (Beginn 8:50 – Ende 10:20)
Eine 20 min Pause
Eine 90min Stunde (Beginn 10:40 – Ende 12:10)
Eine 20min Pause
Eine 90 min Stunde (Beginn 12:30 – Ende 14:00)

Die A-Woche und B-Woche sind daher notwendig um diesen Raster einhalten zu können. Das heißt, das die Schüler in den A Wochen einen anderen Plan als in den B-Wochen haben. Sollte durch ungünstige Donnerstags – Feiertage zB. die A-Woche jedes Mal betroffen sein kann dieses Schema auch leicht einmal umgedreht werden.

Ich wette bis wir das drauf haben und J nicht immer die falschen Bücher dabei haben wird, ist das Schuljahr rum.

Die drohende 5 in eine 4 verwandelt. Das Referat war prima und J. konnte tiefergehende Fragen aus dem Effeff beantworten. Aufatmen.

Js Gitarrenlehrer unterrichtet hier im Haus 2 Schülerinnen. J. und meine Vermieterin. Letztere ist heute aber aus unerfindlichen Gründen nicht da, so dass der Herr deutlich früher als sonst zu uns hoch kam. Wir saßen noch beim Mittagessen und sprachen über die heutigen Entwicklungen bei J. in der Schule. Bei ihr kippelt es ja gerade etwas in Mathe und Physik, wobei sie bei Physik durchaus noch Chancen hat ein ausreichend zu schaffen. Zumindest scheint sie auf dem besten Wege dazu! Sie erzählte, dass die Lehrerin sich ihr am Wochenende ausgearbeitetes Referat bereits angesehen habe und dass es ihr gut gefalle. Morgen wolle sie aber gerne noch ein paar zusätzliche Fragen mit ihr erörtern. J. fand diese Idee nicht so sehr toll aber da muss sie wohl durch.

Der Gitarrenlehrer hörte aufmerksam zu und sagte dann, leise und etwas schüchtern, wie er immer ist: "Übrigens bin ich ja eigentlich Mathe- und Physiklehrer..."

Heute höre ich keine Gitarrenklänge aus dem Kinderzimmer.

Ich hatte gedacht, wir hätten es im Griff. Sie hätte es im Griff. Zumindest versicherte sie mir das immer wieder. Und dann kam vor einigen Wochen dieser blaue Brief. Und da ich ja ein unverbesserlicher, dummer Optimist bin, machte ich ihr Mut, sie könne das dennoch schaffen. Und sie versicherte mir wieder, sie werde sich anstrengen.
Heute hat sie einen wichtigen Test versemmelt. Blackout. Hat sie sogar drunter geschrieben. Das wird sicher nicht helfen. Aber schaden kann es auch nicht mehr. Schlimmer geht es wohl kaum. Wenn ich trotz Sonnenwetter nicht gerade alles zu schwarz sehe - und das passiert mir, dem jämmerlichen, dummen Optimisten ja nur schrecklich selten - dann wird meine Tochter dieses Schuljahr nicht schaffen. Trotz 2en in Englisch und tausend Beteuerungen.

Ich könnte schreien, heulen, sie schütteln, mich unter der Bettdecke vergraben. Ich kann das nicht brauchen und sie selbst auch nicht. Der Druck ist durch dieses Schleifen lassen doch nur noch größer, als wenn sie regelmäßig was tut. Warum versteht sie das nicht? Warum tut sie nichts? Ich bin mir sicher, dass das nur geringfügig und fächerbezogen ein intellektuelles Problem ist.

Liebes Universum, falls Du wirklich Wünsche erfüllst, was Du in meinem Fall leider noch nie getan hast, dann schenk den Lehrern meiner Tochter bei der Notenvergabe in den nächsten Wochen doch ein bisschen Wohlwollen, so dass sie die Versetzung schafft. Ja? Wäre furchtbar nett. Ich stoß dann auch auf Dich an und erzähle allen, was Du Tolles kannst und hab Dich dann auch ganz doll lieb. Und meiner Tochter gebe ich nach den Sommerferien einen wohlwollenden Tritt in den Allerwertesten, damit das nächste Jahr glatter läuft.

Hier ist heute Mutter-Tochter-Tag. Eben schon gemeinsames Frühstück. Gleich backen wir (uns) erst mal Orangen-Schoko-Muffins und werden sicherlich auch gleich den einen oder anderen verspeisen. Dann wird jeder erst mal etwas Zeit für anderes haben, wobei ich dann meinem Vater ein paar Muffins bringen und evtl einen Spaziergang mit ihm machen werde. J. besucht einen Freund. Wenn er Glück hat, bekommt er auch einen Muffin ab. Später treffen wir uns bei unserem Lieblings-Thailänder, werden uns dort was für zum Mitnehmen holen und es uns mit diesen Köstlichkeiten vor "Das Streben nach Glück" fleezen.
Und das alles wird hier von Heldenwetter begleitet.

Es scheint ein richtig schöner Tag zu werden.

Meine Tochter investiert ihr Taschengeld derzeit gerne in Eisbergsalat, Tomaten, Gurke, Paprika... und schnibbelt abends daraus riesen Schüsseln Salat und futtert das Ganze dierekt aus der Schüssel komplett weg.
Heute meinte sie, sie wolle in den Osternferien mal mit in meine Firma kommen und sich das mal anschauen, "Sendung mit der Maus" live erleben.

Jugend rüstet auf.

Ich finde, ich habe langsam genug Baustellen.

Und ich finde, die extremen Stimmungsschwankungen und das teenieeske Verhalten meiner Tochter könnte so langsam mal in ruhigere Fahrwasser geraten.

Und Zeugnisse sind ...

Ach, was red ich... ?

Und was auch immer passiert: Das Leben geht irgendwie weiter... auch jenseits der Katastrophen. Und es gibt Menschen, die möchten trotzdem gefeiert werden. Deswegen haben wir uns eben schon mal einen Abend vorher die Bäuche in einer sehr guten Trattoria voll geschlagen und werden um 24:00 Uhr mit dem Geburtstagskind anstoßen. Sie hat sich statt Sekt Eiswein gewünscht, weil sie ihn so gern mag. Mit 15 hatte ich wohl einen ähnlichen Geschmack.