Montag, 16. Oktober 2006
Schrecken der Kindheit und Gegenwart
Draussen regnete es meist. Kühle Herbst- und Winterluft wurde von der Heizung oder dem Kamin schadlos gemacht. Ein warmer Kakao stand immer in greifbarer Nähe. In meiner kleinen, knubbligen Hand ein Stift, den ich langsam über das Blatt Papier führte. Eigentlich hatte ich nie gute Ideen, was ich malen sollte. Aber wenn man spannenden Geschichten lauscht, gehörte Malen für mich immer dazu. Meist war ich bei meiner besten Freundin Nicola, weil sie eine viel Größere Auswahl der Drei Fragenzeichen -Geschichten hatte. Sie konnte auch viel besser malen als ich, was ich immer sehr bewunderte.
Einmal, im Sommer, hörten wir "Der seltsame Wecker" und bauten später unser Zelt im Garten auf, um darin zu übernachten. Nachts schreckten wir aus dem Schlaf hoch. Unsagbar unheimlich, unmenschliche Geräusche klangen aus dem Garten. Das war bestimmt dieser schreckliche Wecker! Unser Puls raste. Augen weit aufgerissen vor Angst rannten wir ins Haus und weckten die Mutter meiner Freundin. Die kicherte nur verschlafen und erklärte uns was Katzenjammer ist.

Vor einigen Jahren kuschelten ich immer mit meiner Tochter auf dem Sofa und hörte die Geschichten, die ich später alle verpasst hatte. Doch durch Freunde, die die Geschichten immer Sonntags beim ausführlichen Frühstück hören und deren Leihgaben sind wir nun wieder auf dem neuesten Stand. Im Gegensatz zu früher, liege ich nun nicht mehr auf dem Sofa, wenn ich eine neue oder alte Folge höre. Ich male auch keine Bilder mehr. Heute versüße ich mir damit das Bügeln.

Nun erfuhr ich heute hiervon und finde das noch schrecklicher als Katzenjammer! Und die Titelmusik klingt auch wie Katzenjammer. und ein bisschen wie James Bond. Linzenzrechtliches Gedöns hin oder her. Ich finde das doof.

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Samstag, 24. Juni 2006
Es geht ihr gut
Ich war mit ihr im Englisch-LK. Sie war eine von den abgedrehten unserer Stufe aber gleichzeitig auch eine der hübschesten. Ziemlich oft bekifft und der Punkszene sehr nah. Sie wohnte im abgefucktesten Viertel der Stadt, ob wohl ihre Elten sehr wohlhabend waren. Ihr Vater fuhr regelmäßig auf die Jagt und der Familienname ist in hochwohlgeborenen Kreisen der Stadt bekannt.
Für die Klausuren lernten wir regelmäßig miteinander, was wenig fruchtbar aber umso witziger war. Nur das viele kiffen ging mir sehr auf die Nerven. Ich mochte es schon damals nicht.
Irgendwann nach unserer Schulzeit verloren wir uns aus den Augen, um uns ca. 5 Jahre später wieder zu treffen - beide mit Kleinkind auf dem Arm, sie mit einem weiteren Nasenpiercing. Wir setzten uns zum Kaffee zusammen und verstanden uns wieder sehr gut. Von da an sahen wir uns wieder öfter. Meist bei ihr, weil ihre Wohnung größer war - sie gehörte ihren Eltern, sie zahlte keine Miete - und sie meisterhaft kochen konnte und gerne bewirtete.
Ein paar Monate später war sie wieder schwanger. Ein zweites Kind, ein zweiter Vater. Ein hübscher, gepflegter aber leider ebenso arbeitsloser Mensch wie sie. Als ich nach Kassel zog, verlief der Kontakt wieder im Sande.

Vor ein paar Tagen dachte ich an sie, als ich an einer großen Lücke zwischen zwei Häusern vorbei kam, wo mal das Haus gestanden hatte, in dem ihre große Wohnung war. Und ich fragte mich, wie es ihr geht. Heute ging ich unter Zeitdruck einkaufen. Von weitem sah ich sie. Unglaublich schön, wie eh und je, die Punkszene kann sie auch heute noch nicht verleugnen, die Kinder waren nicht zu sehen, eingehakt bei einem mir unbekannten Mann. Sie strahlte ihn fröhlich an. Ich hatte keine Zeit sie anzusprechen. Aber ich glaube, es geht ihr gut.

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Samstag, 3. Juni 2006
alte Freundschaft
S. war mein erster Freund. Er war das erste Kind, das mich besuchte. Ich war das erste Baby, das er sah. Ich war gerade in paar Tage alt, als er mich im Krankenhaus besuchte. Seine Mutter hatte ihn mitgenommen, um meine erschöpfte Mutter zu besauchen. S. war damals 6 Jahre alt und sehr beeindruckt. Glaube ich jedenfalls.
Bei Familienfesten war ich ihm jedoch immer zu jung, um mit mir zu spielen. Wie allen anderen auch. Die waren ja alle mind. 4 Jahre älter als ich.
So konnte ich aber immerhin immer allein mit den Hunden der anderen Familien spielen. Die mochten mich.

S. und ich trafen uns über 10 Jahre lang nicht. Irgendwann als ich Ende 20 war trafen wir uns mal wieder bei einem runden Geburtstag meiner Mutter, wo er seine Eltern vertrat. Wir hatten sofort einen sehr guten Draht zueinander. Wir waren damals beide solo und unternahmen viel miteinander, mal mit mal ohne unsere Töchter, die wir mittlerweile zuwege gebracht hatten. Nach einer Zeit war ich schrecklich in ihn verliebt und gestand ihm das auch. Das machte ihn sehr verlegen aber relativ schnell gab er zu anderweitig verguckt zu sein. Ich litt ein weing aber wir trafen uns weiter und mochten uns auch einfach so. Ein paar weitere Wochen später war er fest mit der verguckten Anderen zusammen.
Irgendwann war auch ich nicht mehr solo und unser Kontakt streckte ich von Mal zu Mal. Dennoch verloren wir uns nie aus den Augen.
Als es mir nach einer Trennung sehr schlecht ging, war er uneingeschränkt für mich da und hörte sich geduldig alle Geschichten von vorne nach hinten und wieder rückwärts an. Als ich in unsere Heimatstadt zurück zog, packte er ordentlich mit an und bot sich selbstlos als Pflegevater für mein Klavier an. Seit dem war der Kontakt dann doch mal 2 Jahre etwas eingeschlafen.

Nachdem ich vor ein paar Monaten mit G. zusammengezogen war, klingelte das Telefon. G. hob ab und meldete sich. "Wer bist du denn?" anwortet S. Wenige Tage später kam er vorbei, um sich unsere neue Wohnung anzusehen und G. genauer in Augenschein zu nehmen.

S. entdeckt in einer noch etwas vernachlässigten Ecke ein Ölfasss von Penzoil. "Jaja" sage ich "das ist noch ein Streitpunkt. Ich will das Ding nicht hier im Wohnzimmer stehen haben!" S. guckt mich vorwurfsvoll an und sagt: "mit mir brauchst du darüber nicht sprechen." und guckt verliebt zum Ölfass rüber "Ich bin da parteiisch."

Nun haben G. und ich auch seinen Segen.

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Donnerstag, 13. April 2006
Wilde Jagt
Ich suche als Geschenk für einen Freund dieses Plakat von Hanns Herkendell (1886-1958):



Diese Abbildung ist von einer Freundin, die nicht mehr weiß woher sie das hat; es ist jedenfalls irgendwo aus einer Zeitschrift ausgeschnitten.
Ich habe jetzt einige Stunden erfolglos das Netz abgesucht. Meine Idee nun: Die Archive dieser Stadt abklappern. Günstigerweise ist am 5. + 6. Mai der "Tag der Archive". Da werde ich mich mal rumtreiben.

Hat jemand noch bessere Ideen/Informationen/Möglichkeiten? Von der Journaille vielleicht jemand?

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Mittwoch, 22. März 2006
Sie ist meine Schwester.
Nachts wurde ich öfters wach und hörte sie mit meinem Vater streiten, wenn sie mit 14 Jahren gegen 2:00 Uhr nach hause kam.
Als ich 13 und sie 18 war, fand ich sie morgens im eigenen Blut. Sie hatte versucht sich die Pulsadern aufzuschneiden. Danach war sie erstmal einige Monate in einer Klinik in der Nachbarstadt und wir machen eine Familientherapie, in der ich nicht verstand was ich da eigentlich sollte.
Als ich 15 war, wohnte sie mal wieder zuhause und geriet in einen Farbrausch. Sie verteilte Pigmentfarben an den Wänden ihres Zimmers... nein, sie benutze keinen Pinsel oder andere Hilfmittel dazu. Sie schmiss es einfach aus den Töpfen. Dazu brüllte ihre Musik durchs Haus. Wenn jemand mit ihr reden konnte, dann war ich das. Auf mich reagierte sie. Andere wurden konsequent überhört. Und ich verstand das nicht. Ich sollte bei ihr bleiben und das schlimmste verhinden. Es ging nicht. Statt dessen beobachtete ich, wie sie mit ihren Palmen sprach, wie wild tanzte und mir eine "Rot Händle ohne" nach der anderen in den Mund stopfte. Damals rauchte ich noch nicht und fand das schrecklich. Doch ich erduldete es.
Die nächsten Jahre waren weiter sehr unruhig, meine Eltern ständig in Sorge und immer ausgepowert. Ich verhielt mich still und revoluzzte nicht, wie man das in dem Alter im Allgemeinen tut. Das ging ja nicht. Nicht ich auch noch.
In der Nacht zu meinem 18ten Geburtstag stand die Polizei mit ihr vor der Tür. Sie war in Panik vor einen Bus gelaufen. Sie fühlte sich verfolgt. Der Busfahrer hatte die Polizei gerufen.
Meine Eltern gaben es auf und ließen sie wieder einweisen.

Seit dem gab es weitere Suizidversuche, ungute Beziehungen, Vergewaltigungen, Klinikaufenthalte und Psychopharmaka. Soweit es ging, waren wir immer für sie da, konnten das Schlimmste aber nie verhindern.

Seit 10 Jahren ist es nun ruhiger geworden. Sie kennt sich nun recht gut und hat ihre Krankheit im Griff, soweit das bei Manisch-Depressiven mit schizoiden Einschlägen möglich ist. Sie kennt das Spiel mit den Medikamenten. Sie weiß was sie wann wovon mehr oder weniger braucht. Seit 10 Jahren war sie in keiner Klinik mehr.

Seit 10 Jahren telefonieren wir bis zu 5 Mal am Tag. Manchmal will ich nicht mehr.

Sie ist meine Schwester.

[Näheres zur Krankheit: klick]

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Dienstag, 7. März 2006
F.S.
Ich war 14 oder 15 und er war DJ in meiner Tanzschule. Er war toll! Er war schön! Er war lustig und selberverständlich total cool. Er fuhr ein schönen Käfer und wusste ganz viele tolle Sachen. Er mochte mich und kannte sogar meinen Namen, im Gegensatz zu den andere DJs, die ich gar nicht so toll fand,weil sie meinen Namen nicht kannten.
Eines Tages erschien er nicht in der Tanzschule und als ich dort ankam machten alle ganz traurige Gesichter. Er hatte einen schweren Autounfall gehabt. Ein LKW hatte ihn auf der Autobahn überholen wollen, zog aber zu früh nach rechts. Der Käfer geriet zwischen die Achsen und er wurde darin von der Hinterachse überrollt. Er war sofort tot.
Heute denke ich jedes Mal an ihn, wenn ich ein Auto mit seinen Initialien auf dem Kennzeichen sehe. Sie haben sich mir ins Hirn gebrannt.

F.S.

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Samstag, 25. Februar 2006
Samstagmittagplötzbegegnung
Sie hatte von G. bei Ebay zwei meiner Bücher ersteigert. Da sie in der gleichen Stadt wohnt wie wir, kam sie die Bücher abholen.
Um 14:00 Uhr stand sie vor der Tür. G. öffnete und begrüßte sie. Ich hörte die Stimme und wusste zu wem sie gehörte. Ich hatte sie seit 16 Jahren nicht mehr gehört. Damals saß sie im Bio-LK 2 Plätze weiter.

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recording time: 6682 Tage
last track: 2014/01/25 19:09
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musicians and lyrics
Ich bin auch gern hier....
Ich bin auch gern hier. Es fühlt so geborgen an....
by diagonale (2014/01/25 19:09)
Ich erinnere mich auch...
Ich erinnere mich auch noch gut an diese Geschichten,...
by giardino (2014/01/25 18:42)
Retrospektive
Eine unserer kanadischen Musikerinnen, Christina Martin,...
by diagonale (2014/01/25 14:35)
Was kleines fluffiges...
Was kleines fluffiges sagt. Sie fehlen.
by giardino (2013/05/07 01:29)
Liebe Frau Diagonale, schade...
Liebe Frau Diagonale, schade dass Sie fort sind. Kommen...
by kleines fluffiges (2013/02/08 00:23)

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