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Donnerstag, 19. Juni 2008
Weed I
diagonale, 17:54h
Alles begann mit einer lustigen Teenie-Kiffrunde an einem sonnigen Samstag am Rhein. Wie und warum die 13-14jähigen auf die Idee gekommen sind, muss im Dunklen bleiben. Das ist ungeklärt. Meine Tochter war anwesend, hat aber laut eigener, glaubhafter Aussage nicht mal an der Tüte gezogen.
Einer der Jungs war schrecklich stolz auf sich und verbreitete in den folgenden Tagen die frohe Botschaft, er sei ein ganz toller Hecht und habe am Samstag gekifft. Irgendjemand fand das nicht so toll und berichtete das an die Direktoren der Schule, die meine Tochter und ein paar der beteiligten Jugendlichen besuchen. Der coole Junge wurde sofort für eine Woche von der Schule suspendiert. Dies erzählte mir meine Tochter am letzten Sonntag und erzählte auch, dass am Montag eine Schulkonferenz einberufen sei, bei der auch die Mutter des Jungen, nicht aber der Junge selbst, anwesend sein würde. Letzten Montag, vermutlich gleich nach der Konferenz, erhielt ich einen Anruf des stellvertretenden Schuldirektors, der meine Tochter bereits aus dem Unterricht kennt und zu dem auch ich einen recht guten Draht habe. Er bat mich um einen zeitnahen Termin. Dieser war gestern morgen um 8. Anwesend war nicht nur Herr G, der Stellvertreter, sondern auch Herr B, der Direktor selbst. Letzterer sah fürchterlich aus, als habe er mehrere Nächte hinereinander nicht geschlafen und er begrüßte mich mit sorgenvollem Gesicht. Man fragte mich, ob ich bereits wisse, worum es ginge, was ich verneinte, aber zugab, das ich eine Vermutung hätte. Diese bestätigte sich auch prompt: Es ging um den Drogenkonsum einiger 7.-Klässler unserer Schule. Man sei sich durchaus bewusst, dass Drogen an jeder Schule ein Thema seien und davon sei auch unsere Schule nicht unbeleckt, wenngleich das Thema seltener vorkäme als an anderen Schulen. Besonders besorgniserregend fand man jedoch das Alter der Kinder. Wie dem auch sei, im Zusammenhang mit dieser Geschichte sei nun auch der Name meiner Tochter gefallen und auch der Vorwurf, die Drogen stammten von meiner Tochter! Bislang war ich völlig ruhig geblieben. Doch jetzt konnte ich es mir nicht verkneifen, erschrocken die Augen weit aufzureißen und sprachlos zu staunen. Ich fragte, ob die Mutter des Jungen diese Anschuldigung ausgesprochen habe, was mit einem Nicken beiderseits bestätigt wurde. Zunächst sagte ich, das ich mir das nicht vorstellen könne. Meine Tochter würde sicherlich das eine oder andere Mal Mist bauen, aber sowas wäre nahezu ausgeschlossen, da ich aus vielen Gesprächen mit meiner Tochter weiß, wieviel Respekt sie vor aller Art Drogen hat und dass sie auch weiß, wie vorsichtig man hiermit umgehen muss. Nebenbei erwähnte ich, dass wir in der Familie auch ein absolutes Negativbeispiel hätten, dass ihr in schöner Regelmäßigkeit vorführt, wie schief das alles gehen kann. Desweiteren gab ich zu bedenken, dass meine Tochter und der coole Junge sich nicht gerade gern aber doch gemeinsame Freunde haben, weswegen sie gelegentlich Zeit miteinander verbrächten. Bei einer dieser Gelegenheiten lernte meine Tochter auch die Mutter des coolen Jungen kennen und beide wussten gleich, dass sie sich ganz und gar nicht leiden können. Nach dem Gespräch hatte ich aber doch einige Zweifel, ob meine Tochter mir immer die volle Wahrheit erzählt und überlegte, ob diese Geschichte in irgendeiner Weise Konsequenzen haben müsste. Doch erst wollte ich abwarten, was sie beim Mittagessen erzählen würde, denn ich wusste, dass die Direxen auch sie zum Gespräch bitten würden. Interessanter Weise wurde bei ihr der Vorwurf, das Gras beschafft zu haben, nicht wiederholt und als ich ihr mittags davon erzählte, wurde sie erst weiß und dann rot vor Wut. Sie wurde richtig wütend und schimpfte auf die Mutter des coolen Jungen. Und dann: "Mama, jetzt muss ich Dir die Geschichte ganz erzählen. Der [Name des coolen Jungen] hat das Kraut selbst besorgt. Ich war zwar nicht dabei, aber ich weiß von wem. Von "Rotze", einem ekeligen Punk an den Treppen. Bis jetzt wollte ich das nicht erzählen, weil ich es für [Name des coolen Jungen] nicht noch schlimmer machen wollte. Und [Name des coolen Jungen] hat mir auch erzählt, dass seine Eltern das Gras bei ihm im Schrank gefunden haben und deswegen die auch wissen, dass die Drogen nicht von mir sind!" Für mich klang das alles sehr glaubhaft, dennoch fragte ich sie mehrfach, ob das die Wahrheit sei und ob ich ihr vertrauen könne. Sie bejahte mehrfach und nahm mich in den Arm. Im Laufe des Nachmittags erkundigte ich mich beim Vater meiner Tochter, Polizist, wie das mit einer Verleumdungsklage eigentlich laufen würde. Seine erste väterliche Reaktion auf die Geschichte: "Nie im Leben!" Dann folgte seine Fachmännische: Er riet mir erst mal Zeugen zu sammeln, die bezeugen könnten, dass J. die Drogen weder besorgt geschweige denn an der Tüte gezogen habe. Desweiteren bat er mich, erst mal Kontakt mit der Mutter des coolen Jungen aufzunehmen und zur Rede zu stellen. Wenn sie an ihrer Meinung und Aussage festhalten würde, erst dann solle ich die Anzeige machen. Der Anruf bei der Mutter wurde auf heute verschoben. Heute mittag klingelte wieder mein Büro-Telefon. Im Display erkannte ich die Nummer der Schule. Herr G. war wieder dran. Er bat mich diesmal, ihm eine Bescheinigung zu schreiben, dass ich damit einverstanden bin, dass meine Tochter mit ihm und dem coolen Jungen zur Altstadtwache geht und Anzeige gegen Unbekannt erstattet wegen Drogenhandels. Desweiteren erzählte er, er habe noch ein sehr ernstes Gespräch mit meiner Tochter geführt. Er hält es für bedenklich, mit was für Jugendlichen meine Tochter sich umgibt und dass diese 17-18 Jahre alt seien und meine Tochter sogar wisse, dass diese gelegentlich kiffen. Er bat mich, besser auf meine Tochter aufzupassen. Sie sei ein toller Mensch, in dem vieles steckt, das beschützt werden müsse. Er sagte das nicht belehrend, sondern sehr freundlich, behutsam und bittend. Ich musste dennoch erwiedern, dass diese "großen" Jugendlichen keine echten Freunde meiner Tochter seien. Sie würde sie kennen. Mehr nicht. Ich könne recht gut ein ordnen, mit wem meine Tochter wirklich befreundet ist und mit wem nicht und die Großen kämen in ihren Erzählungen nur sehr sehr selten vor. Dennoch gab ich ihm Recht, dass das Thema gerade im aktuellen Zusammenhang wieder ernsthafter besprochen werden muss. Er sagte, es sei immer wieder bewundernswert, wieviel Vertrauen ich meiner Tochter entgegen brächte und die Gespräche wären, trotz der problematischen Themen, doch immer wieder angenehm. Beim Mittagessen erzählte auch meine Tochter von dem Gespräch. Diesmal hat er deutlich mehr Druck gemacht, als letztes Mal. Er warf ihr vor, zumindest den Kontakt vom coolen Jungen zum Dealer vermittelt zu haben, was sie wiederum sagte, das das nicht stimme. Sie kennt "Rotze" erst seit 2 Wochen und hat ihn erst durch den coolen Jungen kennengelernt. Vorher kannte sie ihn nur vom sehen. Der sei fies und ekelig und überhaupt... auch erst 14 Jahre alt und schon völlig fertig. Dennoch machte Herr G. sie darauf aufmerksam, dass er sie nicht mehr auf der Schule haben wollen würde, wenn sie jemals wieder im Zusammenhang mit Drogen auffallen würde.... und wenn sie seine Tochter wäre, würde er sie nicht mehr vor die Tür lassen. Davon, das sie morgen mit dem stellv. Direx zur Polizei sollte, wusste sie noch nichts und sie fragte warum und wozu. Ich bin mir nicht sicher, ob mit der Anzeige viel erreicht werden kann. Der positive Effekt wird sicher auf jeden Fall sein, dass die beiden Kinder dadurch in eine andere Rolle rutschen. Ab morgen sitzen sie nicht mehr auf der Anklagebank. Ab morgen sind sie Kläger und tun was gegen Drogen. ... link (13 Kommentare) ... comment ... older stories
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recording time: 6889 Tage
last track: 2014/01/25 19:09 on stage
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