Montag, 3. November 2008
Bloggen? Wozu?
Eine Diskussion, die man immer und immer wieder mit Nicht-Bloggern führen kann. Und mit manchen sogar sehr hitzig. Manche interessiert es einfach und hinterfragen kritisch, andere erklären einen gleich für vollkommen bekloppt.
Ohne mal einen Blog intensiver verfolgt zu haben und sich ein Bild zu machen, wie viel Seelenstriptease da so überhaupt statt findet, wird gleich verdammt und für krank erklärt. Nein, das tut nicht jede(r). Manche sagen einfach nur, dass sie die ganze private Internetkommunikation für sehr gefährlich halten, weil es die Menschen in eine Isolation drängt, weil viele den Bezug zur Realität verlieren.

Sicher. Jede dieser Meinungen ist berechtigt. Natürlich zeigt man als authentischer Blogger auch immer einen Teil seines Ichs und entblößt ein Stück seiner Seele. Und bei besonders emotionalen Beiträgen ist es auch mal ein Stück mehr. Warum tue ich es also? Brauche ich meine Leser, diese schlimmen Voyeure?
Ich habe mir seit ein paar Tagen immer wieder mal Gedanken darüber gemacht. Ja, ich brauche sie, denn durch das Bewusstsein, dass andere Menschen hier lesen, schreibe ich anders als in dem vorgeschlagenen Tagebuch. Ich strukturiere viel mehr und erkläre Dinge, die ich im Tagebuch nie erwähnen würde. Ich reflektiere, bevor ich auch nur einen einzigen Kommentar bekommen habe. Und die Kommentare, die ich bekomme sind natürlich nicht immer interessant. Natürlich finde ich manche ganz großartig/unterhaltsam/weise oder wasauchimmer und andere Beiträge finde ich ... naja halt. Aber wie dem auch sei: Das Schreiben allein hilft mir oft schon sehr meinem Gedankenkarussel die Geschwindigkeit zu nehmen. Und so einige Kommentare tun mir gut, beruhigen mich oder lenken meine Gedanken in andere Richtungen. Das bedeutet aber nicht, dass ich gleich den Bezug zur Realität verliere. Das bedeutet einfach, dass ich einen Kanal der heute möglichen Kommunikationswege nutze. Es ist ein Kanal mehr. Nicht der Ausschließliche.

Und nein, es stört mich nicht, dass wildfremde mitlesen. Ich halte meine Probleme nicht für so besonders oder verwerflich oder persönlich, dass ich sie verstecken müsste. Jeder hat sein Kreuz zu tragen. Die, die mich hier interessieren, wissen das und verhalten sich von selbst entsprechend. Die, die es anders sehen, lesen hier eh nicht und wenn doch, interessiert es mich nicht. Und sollten sie mal lästig werden, bin ich Königin im Ignorieren.
Auch in der Realität rede ich über meine Familiengeschichte, wenn die Situation es zulässt und es in den Kontext und die Stimmung eines Gespräches passt. Nein, ich erzähle natürlich nicht alles. Aber das tue ich hier auch nicht.

Etwas biestig werde ich hingegen, wenn meine Blogadresse im Freundes- und Bekanntenkreis ohne mein Wissen herumgereicht wird. Ich will selbst steuern und auch wissen, wer hier mitliest. Ist das unlogisch? Ich finde nicht. Es ist weitestgehend unwahrscheinlich, dass sich jemand, den ich kenne hierher verirrt. Wenn doch, ok. Kann passieren. Ich will nur nicht, dass es von anderen forciert wird und mein komplettes Umfeld hier mitliest, ohne dass ich davon weiß. Ist das schwer zu verstehen?

Wie für jeden meiner Blogbeiträge gilt für diesen ganz besonders: Er ist unvollständig. Es ist kein hochliterarischer Text, der zur Veröffentlichung in einem schlauen Magazin gedacht ist. Die Argumentationskette ist sicherlich völlig verachtenswert und in einer Deutscharbeit bekäme ich vielleicht gerade mal ein ausreichend dafür. Aber das ist mir egal. Mein Blog ist in erster Linie ein Hobby.

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Jo. Genau. Frühere derartige Diskussionen führten seinerzeit zu einem gut sichtbaren Warnhinweis über Kollateralschäden, für deren Haftung ich mir bis heute nicht sicher bin, ob ich sie übernehmen möchte oder nicht.

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Kenn ich. Mein altes Blog wurde mal von einer damals noch guten Freundin gefunden. Dies löste Diskussionen aus... alte Geschichten, in denen ich oft eine Faust in der Tasche gemacht hatte, wurden ausgegraben. Ich habe sie seit über 3

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Kenn ich. Mein altes Blog wurde mal von einer damals noch guten Freundin gefunden. Dies löste Diskussionen aus... alte Geschichten, in denen ich oft eine Faust in der Tasche gemacht hatte, wurden ausgegraben. Ich habe sie seit über 3 Jahren nicht mehr gesprochen oder gesehen. Manchmal denke ich "Leider". Manchmal...

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Etwas biestig werde ich hingegen, wenn meine Blogadresse im Freundes- und Bekanntenkreis ohne mein Wissen herumgereicht wird. Ich will selbst steuern und auch wissen, wer hier mitliest.

Sorry, da gehe ich nicht mit, wenngleich ich für diese Position natürlich Verständnis aufbringe. Realistisch gesehen ist es aber eher so, dass man diese Kontrolle bereits in dem Moment aufgegeben hat, in dem man die Häkchen bei "site is public" und "Beitrag auf der Startseite anzeigen" setzt. Das kontrollieren zu wollen, wer da liest im Umfeld und wer nicht, das ist spätestens nach dem ersten Dammbruch, dass es überhaupt jemand weiß, ziemlich illusorisch.

Ich stelle dies fest und sage auch jedem, der es hören will, dass ich mit den Folgen dieser Tatsache selber weiß Gott auch nicht restlos glücklich bin. Aber im Grunde muss ich mir in den eigenen Hintern beißen und nicht andere dafür verantwortlich machen, dass ich den Stöpsel aus der Flasche gezogen habe und der entwichene Geist ums Verrecken da nicht mehr reingehen willl.

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Ich sehe da schon einen Unterschied. Ich glaube nicht, daß Frau Diagonale das Wort "kontrollieren" im strengen Sinne meint. Ich denke, wer zufällig gefunden wird, hat mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eher Leser, die sich wenigstens mit der Materie Internet/Blogs befasst haben. Das ist ein anderes Interesse (im günstigen Fall) als diese Klicks auf aus purer Neugier im Bekanntenkreis rumgereichten Netzadressen.

Die Unterscheidung "reales Leben" vs. Internet finde ich müßig. Von Extremen abgesehen ist das auch nichts anderes als würde ich mit Freunden telefonieren. Das schließt ein reales Leben ja auch nicht aus.

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Herr Kid, sie bringen es gut auf den Punkt. Die Intention mit der ein Realbekannter auf meine Seite geht, wenn ihm meine Adresse genannt wird, ist eine ganz andere. Der Voyeurismus und die Herangehensweise sind anders gelagert, als wenn jemand zufällig darauf stößt.
Sollte sich jemand mal tatsächlich verlaufen und ein Problem mit meinem Blog haben, stehe ich dennoch dazu und bin auch diskussionsbereit. Ich kann aber auch darüber die Schultern zucken, weil das, was ich hier schreibe zumindest für den Moment des Onlinestellens für mich so seine Richtigkeit hat. Wer mich kennt (real oder auch durch längeres Lesen hier), weiß, dass ich impulsiv bin und dass Wut, Ärger und Traurigkeit von mir (kurz) gelebt werden müssen. Oft geht es mir danach schon wieder (etwas) besser. So kann es aber eben auch sein, dass ein emotionaler Eintrag schon nach Stunden, spätestens Tagen, seine Gültigkeit in der hier evtl. dargestellten Heftigkeit verliert.

Ansonsten bin ich derzeit ja eh mehr der Oberflächenblogger. Da gibt es wenig bis nichts, wo andere meinen könnten, ich solle mich dafür schämen.

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Ob da vielleicht auch
eine Portion Voyeurismus im Spiel ist, wenn so eine Blogadresse mal im Bekanntenkreis die Runde macht? Ja, das kann schon sein. Allerdings habe ich meine Zweifel, ob dieser Kitzel diesen Leserkreis dauerhaft bei der Stange hält.

Nun habe ich die Wissenschaft der Logfile-Analyse nicht so weit getrieben, dass ich es empirisch beweisen könnte. Ich weiß nur, dass meine URL vor einer Weile auch mal rumgereicht wurde im Kreis früherer Kollegen und dass die Info dann auch über Umwege eines Branchenblogs die Runde machte zu meinem Hauptauftraggeber. Mir schien, daraufhin flammte halt kurz eine gewisse Neugier auf, was schreibt der da alles zusammen, und dann flachte das Interesse auch wieder ab.

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Ich finde ja umgekehrt eher schade, dass meine Freunde und Bekannten, auch wenn sie von der Existenz meines Blogs wissen (egal woher), nicht mitlesen. Ich selbst würde eine solche Möglichkeit nie ausschlagen, (fast) täglich zu erfahren, was sie tun oder was sie beschäftigt. Mich würde das freuen.

In punkto Verwandtschaft/Freunde schreibe ich nichts, was ich ihnen nicht auch im Gespräch sagen könnte (womit ich mir bislang überhaupt nur sehr sehr selten etwas versagt habe). Okay, Ausnahme ist meine Ex-Frau, die muss nun wirklich nichts davon mitbekommen.

Jedoch über meine Arbeit schreibe ich im Blog nur noch selten und wenn, dann sehr verschleiert. Dafür ist Twitter doch das bessere Tool, wo ich mich unmittelbarer abreagieren, eine gefühlte Verbindung in die Welt außerhalb des Büros halten kann und schließlich mit dem abgeschlossenen Account die Kontrolle darüber habe, wer das liest.

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ja, manchmal geht es mir auch so: ich hab dazu doch neulich...ach egal. schließlich hatte man es ja schon lang und breit dargelegt...

aber es scheint schon bei vielen so zu sein, dass einige teile des realen lebens definitiv keine erwähnung finden - oder eben verschleiert.

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Ich reflektiere, bevor ich auch nur einen einzigen Kommentar bekommen habe.

mmh. andere würden das gleich die "schere im kopf" nennen (ich nicht).

einem hobby soll man eben das dilettieren nicht verbieten - wer kann schon jedesmal inhaltlich ganz vorne mithecheln. gelegentlich stecke ich richtig arbeit rein und bin dann auch ganz glücklich, aber das level kann ich einfach nicht dauerhaft halten.
ich hab ja nicht mal die muße, mein blog so hübsch aufzupimpen wie sie das ihre...

die sache mit dem "oberflächenblog" gilt auch bei mir, wahrscheinlich noch viel mehr. ich kann mich einfach (noch?) nicht dazu durchringen, allzu persönliches loszuwerden. (vielleicht wäre es einfacher, wenn persönliches nicht elemantare dinge berühren würde, wie es das ebn zu manchen zeiten tut.)

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Nein, eine Schere im Kopf ist es wirklich nicht. Mehr so ein "wie erklär ichs dem Kinde?".

Ich kann mich gar nicht nur an der Oberfläche bewegen. Dazu bin ich zu impulsiv und habe mich zu sehr an mein Denkarium* gewöhnt. Es tut mir gut, meine Gedanken und Erlebnisse darin abzulegen.

* Ein Denkarium (im Original: Pensieve) ist eine große flache Steinschale, in der frühere Erlebnisse und Erinnerungen abgespeichert und später wieder angesehen werden können. Dieses wertvolle Mittel gegen einen immer voller werdenden Kopf scheint auch in der magischen Welt sehr selten zu sein, denn lediglich der über 110-jährige Albus Dumbledore ist Lesenden als Besitzer eines Denkariums bekannt. Er kann mit dem Zauberstab seine Erfahrungen wie Silberfäden aus seiner Schläfe ziehen und in der runenverzierten Schale ablegen. Wie er sagt, gewinnt er auf diese Weise auch einen besseren Überblick über die in ihnen enthaltenen wichtigen Anzeichen und Muster.

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Sie sprechen mir aus der Seele. Genau so ist es auch bei mir.
Manche sagen einfach nur, dass sie die ganze private Internetkommunikation für sehr gefährlich halten, weil es die Menschen in eine Isolation drängt, weil viele den Bezug zur Realität verlieren.
Das höre ich in meinem Bekanntenkreis und in meiner Familie immer wieder. Es ist auch in diesem Punkt unendlich traurig, wenn kleine Gewissheiten verallgemeinert und zu Verurteilungen werden. Denn gerade durch mein Blog konnte ich unheimlich liebe und interessante Menschen (über Staatsgrenzen hinweg) persönlich kennenlernen, die ich wohl sonst nie getroffen hätte. Einige meiner engsten Freunde habe ich ursprünglich übers Internet kennengelernt...

Aber noch viel mehr ärgert mich ein Punkt am Bloggen, den Sie im letzten Absatz angedeutet haben:
Wie für jeden meiner Blogbeiträge gilt für diesen ganz besonders: Er ist unvollständig.
Ich habe wiederholt hier wie anderswo die Erfahrung gemacht, dass manche Leser Blogeinträge verabsolutieren und daraus die Meinung erheben, den Menschen dahinter durch und durch zu kennen.

Geschriebene Worte können eine Situation, ein Leben, einen Charakter, einen Menschen nie vollständig abbilden - nicht einmal ansatzweise. Und deshalb bleibt auch bei den authentischsten Texten der Autor/die Autorin dahinter (wie bei einem literarischen Text) versteckt. Aber genauso wenig wie man als Blogger(in) kontrollieren kann, wer liest, kann man kontrollieren, was mit den Texten geschieht.

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Hauptsache, es macht Spaß. Finde ich. In letzter Zeit gönne ich ihn mir seltener, dafür habe ich andernorts anderen Spaß. Aber es ist und bleibt ne sehr schöne Sache.

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recording time: 6703 Tage
last track: 2014/01/25 19:09
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