Mittwoch, 12. September 2007
Wendepünktchen
"Immer Vollgas, ständiges Überschreiten von Grenzen, das Leben voll auskosten! Schlafen kann ich, wenn ich tot bin!" So sprach sie oft. Kostete aus, was es zu kosten gab, verletzte damit schon mal andere Menschen und nahm es mit Rücksicht und Respekt zuweilen nicht so genau. Sie wollte immer alles und mehr. Für einiges setzte sie sich ein, anderes wollte sie umsonst bekommen.
Gestern überfiel sie ein wohl heftiger Magen-Darm-Infekt. Zwar erschien sie bei der Arbeit, stelle aber fest, dass es keinen Zweck hat und sie eher ins Bett oder vor die eigene Kloschüssel gehört und nicht an den Schreibtisch.
Heute ging es ihr wieder viel besser. Und sie erzählte, sie haben nie so gelitten wie gestern. Sie erzählte, dass sie diesen Wink versteht und sich nun gesunder ernähren, auf ihre Gesundheit Rücksicht nehmen will. Und eigentlich hat sie ja auch einiges vernachlässigt in der letzten Zeit. Ihren Feund, ihren Job... alles ja so wichtige Dinge.

Wundersam. Sie hat wohl in ihren nun fast 40 Jahren nie wirklich gelitten. Und ich frage mich, ist das nun gut oder schlecht? Einerseits finde ich das beneidenswert. Ich behaupte, ich habe schon viel gelitten. Auf allen Ebenen des Lebens hat es schon gehakt und geschmerzt. Das hat mich einerseits hart andererseits auch vorsichtig werden lassen. Ich bin mir sicher, für die Zukunft gewappnet zu sein... halbwegs zumindest.
Wenn sie nun also nie gelitten hat, ist sie dann hart genug für das, was da noch kommen könnte? Oder hat sie mehr Energie, um das Älterwerden zu ertragen? Wie wird sie auf einen echten Schicksalsschlag reagieren? Alle ihre oft sehr barschen, verständlislosen Aussprüche über Schicksalsschläge und Probleme stehen nun in einem ganz anderen Licht.
Ich kann sie nicht mehr ernst nehmen.

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Gibt so Leute. Sind mir fremd. Irgendwie anderes Universum.

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Hmm... ich würde nicht sagen "fremd". Meist sind sie mir einfach unsympatisch, wenn sie dann mit ihrer vermeindtlich allwissenden Art tolle Lebensweisheiten von sich geben. Ich könnte sie dann immer schütteln.

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Lebensweisheiten von sich zu geben, wo keine Weisheiten aus dem eigenen Leben vorhanden sind, ist generell recht unpassend. Den Leuten fehlt generell die Vorstellungskraft dafür, wie es ist, in Krisen zu stecken oder schwierigen Situationen, wie es ist, krank zu sein oder einsam.
Es hat etwas von diesem "Sei doch wie ich, mach es wie ich", das ich auch mal an unserem GF kritisiert habe, denn kein Mensch ist so wie ich noch nicht einmal in seinen Krisen. Eine Ebene von Verständnis gibt es m.E. nur dort, wo man auch etwas von sich selbst im anderen wiedererkennt.
Wo man andere nicht wiedererkennt oder andere einen nicht oder falsch, da kann das Fremde auch zur Antipathie werden. Ich vesuche es einfach neutraler zu sehen - der Liebste hat mich da vielleicht infiziert....

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Ich sag mir immer, dass man das Leben nur dann wirklich schätzen und lieben kann, wenn man auch schwere Zeiten durchmachen musste und nicht immer alles glatt geht. Ich hab in meinem Leben auch schon die eine oder andere wirklich nicht einfache Zeit erlebt, aber ich würde im Nachhinein nicht auf diese Zeiten Verzichten wollen. Ohne sie wäre ich heute nicht der selbe Mensch - und ich bin glücklich, so zu sein, wie ich bin!

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Danke
für diesen Text - dadurch kam ich zu einem eigenen Beitrag, der schon länger in mir gährte, zu dem ich aber erst durch ihre Vorlage angeregt worden bin.

Zu Ihrer Freundin mag ich nichts sagen, ohne sie näher zu kennen, aber ich kann mir vorstellen, dass vielleicht doch mehr hinter ihrer Fassade verborgen ist, als man von außen erkennen kann.
Denn auch mein Leben ist nach außen nur eine gelungene Meisterleistung......

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recording time: 6889 Tage
last track: 2014/01/25 19:09
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