Mittwoch, 21. Juni 2006
Was tun?
Mein Kind wird die Klasse also wiederholen. Ok. Sie hat in der 5. mit Latein als erste Fremdsprache begonnen und hatte Englisch 2-stündig als unbenotetes Nebenfach. In den bisherigen 2 Jahren hat sie in Englisch gelernt, was andere in einem Jahr durcharbeiten. Der Vermerk zum Fach Englisch auf dem letzten Zeugnis entsprach einer Zwei.

Nun besteht die Frage, ob sie nach den Sommerferien Latein an den Nagel hängen und eine reine Englisch-Klasse besuchen soll? Sie selbst ist von der Idee begeistert. Der Direktor und ich weniger. Schmeißt man so die Flinte einfach ins Korn? Oder gibt man ihr damit eine Chance?

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Ich stehe (noch) ziemlich ratlos vor solchen Problemen, schlagen wir uns noch mit kleineren Nicklichkeiten im Kindergarten herum. Aus meiner eigenen Schulzeit habe ich die Lehre gezogen, dass weniger manchmal mehr sein kann, ich hatte damals drei Fremdsprachen und die dritte flutschte dann überhaupt nicht mehr (zugegeben, ich war auch nen fauler Hund äh Büffel). Vielleicht ist es besser so, sich erst einmal auf Englisch zu konzentrieren, wenn es in Latein nicht so gut läuft. Aber ob das ein verwertbarer Tipp ist, kann ich leider nicht beurteilen.

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Mit zwei Fremdsprachen kommt heute kaum noch einer aus dem Gymnasium. Eine dritte lässt sich kaum vermeiden. Latein wird füher oder später wieder ein Thema werden, wenn es sich nicht durch die Wahl von Spanisch abwenden lässt. Das ist aber nur möglich, wenn Spanisch schon ab der 9. Klasse angeboten wird. Aktuell ist das nicht der Fall.

Ich stelle gerade fest, dass ich mich durch den Direx schlecht informiert fühle. Auf das, was ich gerade schrieb bin ich gerade erst gekommen! Ergo: Bloggen hilft!

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Schwierig
aus der Ferne zu beurteilen. Im Zweifelsfall ist Englisch heutzutage die wichtigere Fremdsprache. Und wenn Ihre Tochter zwei bis drei Jahre Latein hatte, dann sind zumindest die Grundlagen für leichteres Verständnis anderer romanischer Sprachen gegeben. Was würde denn in folgenden Schuljahren auf sie zukommen in Latein? Cäsar, gallischer Krieg, diverse Cicero-Reden, dann hexametrische Lyrik samt Interpretation. Und da wurde es selbst für mich öde, der ich in den ersten Jahren Latein durchaus noch mit Spaß bei der Sache war.

Falls sie für ein späteres Studienfach Latinum braucht, heißt das natürlich Mehrarbeit in Crashkursen, die es in sich haben. Aber da sie dann ja zumindest ein paar Grundlagen von früher her mitbrächte, wäre das auch keine unüberwindliche Hürde.

Also wie gesagt: Im Zweifelsfall voll Stoff Englisch erst mal...

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Aus der Nähe ist es auch nicht besser.

Ich grüble weiter.

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Ist sie denn gegen Latein? Was spricht denn dafür? Ich kann leider auch nur Unmaßgebliches aus meinem eigenen Leben beisteuern. Ich hatte Latein als dritte Fremdsprache, nach Englisch und Französisch. In beiden war ich immer sehr gut gewesen, es hat mir auch Spaß gemacht. Bei Latein brach ich binnen kürzester Zeit ganz fürchterlich ein, und es war in dieser Hinsicht ein Glück, dass wir umzogen und ich auf eine andere Schule kam. Latein hat mir im späteren Leben auch nie gefehlt; bei Bedarf hätte ich es lieber später noch nachgelernt. Mag sein, dass die Büffel-Theorie stimmt: weniger kann mehr sein. Hinterfragen Sie das Kind doch noch intensiv, ob es sich um eine Laune, Frustreaktion oder echte Begeisterung handelt. Das wäre doch schon mal eine Entscheidungshilfe.

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Latein ist für das Wiederholen verantwortlich. Es ist ihr schlechtestes Fach und mit mangelhaft benotet. Natürlich will sie das nicht mehr machen. Sie muss ich nicht weiter fragen. Leider ist es nicht immer gut, dem nachzugeben, was Kind will.

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Ja, schon.
iAndererseits ist aber auch die Frage, wofür es gut sein soll, sie damit weiter zu belasten. Der Nutzen, dass es einem das Erlernen von französisch/italienisch/spanisch erleichtere, wird ja nicht von allen einhellig bestätigt.

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Das mit dem leichten Lernen anderer Sprachen ist meiner Beobachtung nach ein Phänomen, das man bei musikalischen/sprachlich talentierten Menschen zu finden ist - so zumindest meine Theorie. Um es nämlich leichter zu haben, muss man schon die Kreativität besitzen Wortstämme und deren Verwandschaft herauszufinden. Und wo ich das z.B. schon feststellte, haben mich andere verblüfft angeschaut.

Die Frage der Belastung stelle ich mir aber auch - deswegen ja meine Zweifel. Andererseits ist es auch noch die Frage, ob sie in Englisch so gut bleibt, wenn es jetzt plötzlich zum Hauptfach wird und Klassenarbeiten geschrieben werden müssen. Als Nebenfach war es ja noch EasyGoing.

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Letztlich würde ich sagen, bevor es an Latein scheitert, kann die Konzentration auf Englisch eine gute Entscheidung sein. Ich hatte Latein ab der 9. Klasse als dritte Fremdsprache und man muss ganz ehrlich sagen, daß ich darin nur gut über die Runden gekommen bin, weil der Lehrer mich mochte.

Bislang habe ich es nie wieder gebraucht, hängengblieben ist wenig. Auch das immer wieder gerne zitierte angeblich leichtere Erlernen anderer romanischer Sprachen kann ich nicht wirklich bestätigen.
Falls man natürlich für einen späteren Studiengang das Latinum benötigt, sind die Crash-Kurse an der Uni hierfür schon relativ hart.

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Ich selbst hatte kein Latein. Aber jetzt, wo ich meine Tochter immer wieder Vokabeln abfrage, stelle ich doch immer wieder fest, wie viele Wörter sich in anderen Sprachen wieder finden und wie schnell ich mir beim umgekehrten Lernen Brücken bauen kann.
Außerdem will meine Tochter ihr bereits vorhanden Sprachkenntnisse in Italienisch und Spanisch später stark vertiefen. Lustigerweise hat sie bei anderen Sprachen nämlich überhaupt keine Probleme, sie zu lernen. Daher hielt sie selbst Latein als erste Fremdsprache für eine tolle Idee.

Was ich mich allerdings eben auch frage ist, ob es rein pädagogisch so toll ist, sie jetzt aufgeben zu lassen? Eigentlich müsste sie Durchhaltevermögen dringend mal lernen.

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Hm, ich habe auch erst Latein, dann Italienisch gelernt, und obwohl die Sprachen ja quasi in erster Linie verwandt sind oder sein müssten, ist mir das Italienische wesentlich leichter gefallen.
Die Wortstämme sind natürlich ählich und wenn man eine Vokabel nicht weiß, kann man es tatsächlich oft aus dem Lateinischen herleiten. Aber das kann man in vielen Fällen auch aus dem Französischen / Spanischen...
Wirkliche Unterschiede gibt es eben in der Grammatik, das war auch das, was Latein für mich schwerer gemacht hat, als andere Sprachen. Da ist das Ableiten aus anderen Sprachen schwieriger und z.T. auch nicht möglich. Die lateinische Grammatik habe ich immer als irgendwie verkorkst empfunden.
Ob es unter pädagogischen Gesichtspunkten förderlich ist, weiterzumachen, kommt vermutlich sehr auf das Kind an. Und darauf, ob eine reelle Chance besteht, daß die Noten tatsächlich besser werden.

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Ich hatte Latein als erstes (6 Jahre!), Englisch als Zweites (6 Jahre) und Französisch als Drittes Fach (3 Jahre). Was weiß ich noch von Latein? Nichts. Aber Französisch verstehe ich immer noch weitgehend, obwohl seitdem kaum praktisch angewendet.

Englisch hat einen riesigen Anteil Wörter romanischer Herkunft; zusammen mit den Fremdwörtern im Deutschen sollte das schon ausreichend Material für einen weitergehenden "europäischen" Wortschatz sein, mit dem sich die romanischen Sprachen schnell erschließen lassen.

Die generellen sprachanalytischen Konzepte und grammatikalischen Grundlagen, die man mit einer strukturierten Sprache wie dem Lateinischen nebenher lernt (was ist Deklination, Konjugation, Konditional, Imperativ etc.) sollten nach zwei Jahren Latein auch jetzt schon prinzipiell vorhanden sein.

Egal ob Sprache, Musik oder Bewegung: Ich habe es immer unendlich öde gefunden, zweckfreie Etüden abzuarbeiten. Und Latein ist als tote Sprache nun mal weitgehend zweckfrei (wenn man nicht gerade Theologe oder Arzt werden will). Eine lebendige Sprache wie Englisch, deren Lernmotivation man z. B. auch noch durch einen Auslandsaufenthalt weiter steigern kann, ist in meinen Augen in jedem Fall vorzuziehen. Zumal, wenn Latein bislang Notendurchschnitt und Laune stets nach unten gezogen hat.

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Ich bin Pädagogin und muss ganz ehrlich sagen, dass ich Ihre Haltung nur schwer nachvollziehen kann.

Ich kenne nur wenige Leute, die 3 oder 4 Fremdsprachen perfekt beherrschen.
Zwar haben viele mehrere verschiedene Sprachen gelernt – aber mehr als ein paar Bruchstücke sind dabei nicht übrig geblieben.

Ist es denn nicht wichtiger, dass man wenige Fremdsprachen gut beherrscht und anwenden kann, als viele Sprachen irgendwann mal gelernt zu haben und es in jeder über gewisse Grundkenntnisse nicht hinausgeht??

Falls Ihre Tochter irgendwann Latein brauchen sollte, z.B. im Studium, dann spricht doch nichts dagegen, dies nachzulernen. Wieso soll sie sich jetzt, wo noch nicht abzusehen ist, was sie später machen wird, damit rumquälen? Ihr ist doch kein Weg verbaut, indem sie es abwählt.

Ganz zu schweigen von der pädagogischen Perspektive. Natürlich muss man lernen, sich mit gewissen Dingen auseinanderzusetzen. Aber ich wäre auch in der fünften Wiederholung auf einem technisch-orientierten Gymnasium gescheitert – weil dort einfach nicht meine Begabungen liegen. Und Sie schreiben ja selbst, dass sich Ihre Tochter in den letzten Wochen sehr angestrengt hat.

Und wenn es nun sogar die Möglichkeit gib, einen anderen Zweig zu wählen, innerhalb dessen sie mehr Englisch hätte, was sie nach Ihren Aussagen gern und gut macht. Was um Himmels Willen spricht denn dagegen?!

Unterstützen Sie Ihre Tochter in Ihren Talenten und Begabungen. Und denken Sie nicht, Ihre Tochter müsse alles, was möglich ist, mitgenommen haben. Auch wenn dies heute die Einstellung vieler Eltern ist bzw. vielen Eltern von außen so vermittelt wird.

P.S.: Ich lese sehr gerne in Ihrem Blog ;-)

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@ lisam: Danke für diesen guten Kommentar. Und vor allem auch schön, mal einen stummen Leser zum Leben erweckt zu haben. ;o)

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Erst Mal an alle ein ganz herzliches Dankeschön für die zahlreichen Einwände. Je mehr ich mir zu diesem Thema Gedanken mache, desto unsicherer werde ich. Was ist falsch? Was ist richtig? Es lässt sich nach meinem aktuellen Stand (eine Stunde kann manches verändern) immer noch weniger sagen.

Eben wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Schüler der jetzigen 5. Klasse wegen der verkürzten Schulzeit (Abi in 12 Jahren) schon in der 6. Klasse ihre zweite Fremdsprache hinzunehmen. Würde meine Tochter also in eine "Englischklasse" wechseln, müsste sie sich zusätzlich auch noch für eine andere Fremdsprache entscheiden. Latein von vorne beginnen? Höhö. Schlechter Scherz. Bleibt nur Französisch. Ergo: Neue (blöde) Klasse und eine neue Fremdsprache? Für mein Senibelchen schon fast zu viel auf einmal.

Und ich bin immernoch nicht schlauer. (Auch wenn ich nach Euren Kommentaren und vor dieser Info, beinahe jubelnd der Englischklasse zugestimmt hätte.)

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Ob das verleidete Latein wirklich besser als das unbekannte Französisch ist?

Drüber schlafen, vielleicht.

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Hach ja...

Ich habe nur leider nicht viel Zeit. Unser Schuljahr ist am Freitag rum und meine Entscheidung bzgl. Antrag muss spätestens nächste Woche beim Direx auf dem Tisch liegen.

Ich könnte in diesem Augenblick den Klassenlehrer hauen. Bis gestern - also kurz vor knapp - hat er sich nciht gekümmert, obwohl es seine Aufgabe gewesen wäre und dies auch versprochen hatte.
Und eigentlich habe ich gerade in diesen Tagen zu sowas keine Zeit. Für eine solche Entscheidung brauche ich Ruhe. Die ist gerade bis einschl. Dienstag nicht in Sicht. Zum Kotzen.

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recording time: 6890 Tage
last track: 2014/01/25 19:09
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