Samstag, 1. April 2006
Kampf
Meine Tochter ist eine durchschnittlich begabte Gymnasialschülerin. Sie hat durch Umzüge bereits 3 Schulwechsel hinter sich und tut sich bei neuen Gruppen um sich herum sehr schwer, ihren Platz zu finden und sich wohl zu fühlen. Dazu braucht sie lange Zeit, aber dann läufts - sofern ihr der Platz gefällt.
Die Klasse in der sie ist, ist extrem leistungsstark. 2/3 der Klasse haben einen Zeugnisdurchschnitt von 1,5 oder besser. Markenzwang gibt es dort kaum. Wer aber schlechter in der Schule ist, ist der letzte Arsch. Wie, Du hast die Hausaufgaben nicht verstanden? Was für blöde Fragen stellst DU denn bitte im Unterricht? Hahaa! DU bist ja total bescheuert! Mit Dir will ich nix zu tun haben - Du bist ja total schlecht in der Schule.
Nun steht die Versetzung in die 7. Klasse auf der Kippe. Mich wundert's eigentlich nicht. Mich wundert eher, dass sie kämpfen will im Klassenverband bleiben zu können. Sollte sie es aber nicht schaffen. Was mache ich? Realschule kommt eigentlich nicht in Frage. Ich bin mir absolut sicher, dass sie auch im Gymnsium Spaß und guten Noten haben kann - sofern sie ihr Selbstbewusstsein findet und sich nicht mehr als Loser betrachtet.
Soll ich also versuchen, sie in die weniger leistungsstarke Parallelklasse zu bekommen? Wann? Jetzt schon?
Oder soll ich das Wiederholen der Klasse begrüßen? Frustriert Sie das nicht noch mehr? Oh weh... ich finde das so unglaublich schwierig!

Und es ist genauso schwer sich klar zu machen, dass diese Situation nicht mit ihrem noch mit meinem Versagen zu tun hat. Wir sind deswegen keine schlechteren Menschen. Aber es fühlt sich gerade so an.

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ANDERES BUNDESLAND
wenn ihr in bayern oder württemberg wohnt, zieht doch einfach nach norden. dort wird sie zu den besten gehören.

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Nein danke. Ein erneuter Umzug oder auch nur Schulwechsel wäre für sie der Super-Gau.

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wie nimmt es denn das mädel auf - gefällt es ihr unter den einsteins? für einen selbstbewussten menschen, der sich wenig von anderen abhängig macht, muss so eine masse der "besseren" nicht zwangsläufig schlecht sein. einfaches beispiel: lässt man in leichtathletik im sportunterricht die weniger konditionsstarken neben den spitzenleuten laufen, schneiden die schwächeren an ihren eigenen leistungen gemessen oft besser ab, als wenn man sie mit gleich schwachen laufen lässt.
wenn sie es also von sich aus will, dass sie in der klasse bleibt und wenn sie nicht unter mobbing-artigen ausfällen der anderen leidet, würde ich ihr die chance geben zu bleiben. allerdings wäre es sinnvoll, sie dann durch nachhilfe o.ä. abzusichern.
wichtig zu wissen: noten werden in der regel nach sozialnorm gebildet - d.h. eine bessere klasse wird auch strenger bewertet als eine schlechtere. für lehrer gibt es außerdem vorschriften, nach denen z.b. der notendurchschnitt einer klassenarbeit genormt wird, notfalls wird nach unten oder oben korrigiert, um dieser gerecht zu werden - unabhängig von den tatsächlichen leistungen, weil der lehrer sonst irgendwann eins auf den deckel kriegt. von daher ist es wahrscheinlich, dass lehrer in einer spitzenklasse die schwächeren schüler nutzen, um durch ein nach-unten-korrigieren von deren noten einen glaubhaften schnitt in einer arbeit zu erreichen. wenn man nämlich spitzenschüler schlechter bewertet, rennen einem die eltern die bude ein.
insofern auch ganz wichtig sich vor augen zu halten: noten sind ganz großer humbug! sie sagen nichts über wirkliche leistungen aus, sondern sind zufallsprodukt der schule, der klasse, der geschlechterverteilung, ja sogar merkmale wie schrift, bekleidung, allgemeines betragen, brillenträger oder nicht können eine rolle spielen.
ich weiß, für dieses wissen kann man sich so nix kaufen, aber die dinge etwas gelassener betrachten.

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Danke für Deine Worte. Warum klingen Sie bei Dir so authentisch? Bist Du vom Fach?

Wir kämpfen bereits dafür, dass sie in der Klasse bleiben kann. Das ist derzeit ihr größter Wunsch. Wenn sie allerdings auf Dauer der Klassenloser bleibt, halte ich das für nicht gut für sie. Ihr Selbstbewusstsein ist eh nie gut gewesen. Es wäre schön, wenn sich das jetzt langsam mal ändern könnte, demit ein optimistischerer Mensch aus ihr werden kann, der für sich auch Ziele und Chancen sehen kann.

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Ich bin ja keine Mutter und mir fällt dazu auch ehrlich gesagt nicht viel ein.
Fühlt das Kind sich denn wohl in der Klasse und in seiner Rolle? Oder ist der Wunsch, in dieser Klasse zu bleiben eher auf die Schwierigkeiten mit Veränderungen zurückzuführen?
Ich würde sie an Deiner Stelle auch vor weiteren Umbrüchen bewahren wollen, andererseits aber nicht ihr zukünftiges Schicksal mit dieser Entscheidung negativ beeinflussen wollen - deshalb kann ich die Entscheidungsnot gut verstehen.
Selbstbewußtsein kann sie vielleicht auch durch andere geförderte Fähigkeiten bekommen. Ein Hobby z.B., ein Instrument, Sport, Selbstverteidigung, etwas, was außerhalb des Schulrahmens Halt geben kann.

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Manchmal fühlt sie sich wohl, manchmal nicht. Wir haben gester lange geredet. Und ich habe ihr erklärt, dass es niemals die perfekte Klassen geben wird. Ein Wechsel in die Parallelklasse hätte einen Haufen überzogen modebewusster "Tussis" zum Nachteil. Sie überlegte also und meinte: "Nee, dann bleibe ich doch lieber bei meinen Freundinnen und den Schlaumeiern.
Ich glaube, sie lernt gerade damit umzugehen. Hert sind Jugendlichliche ja immer... egal wo, egal wie...

Neben schulischen Aktivitäten, spielt sie seit über 2 Jahren ihre Gitarre, woran sie viel Spaß hat. Und am Wochenende geht sie mit einer Freundin immer wieder mal gerne klettern. Das tut ihr in der Tat sehr gut. In der Schule ist sie im Schulchor - auch das macht ihr viel Spaß. Und wenn sie das alles nicht macht, dann liest sie die Bücherei leer.
Alles was sie in der Freizeit macht, läuft gut. Sie ist da im Grunde wie Du. Das Leben könnte aus Freizeit bestehen, sie würde sich nicht langweilen. Was sie interessiert, lernt sie zügig und problemlos - ohne Druck. Und in der Schule die Nebenfächer laufen auch weitestgehend gut. Nur die Hauptfächer interessieren sie wenig. Nur Englich wäre ein wirklich gutes Hauptfach... wenn sie nicht mit Latein angefangen hätte. So aber, ist Englisch jetzt nur Nebenfach. :o/

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ich bin insofern vom fach, da ich lehramt gymnasium studiere. nachdem ich aber nun immer mehr über das funktionieren bzw. die total disfunktion unseres bildungssystems erfahre, überlege ich mir das nochmal.
schulsystem, geschichte der schule und notenfindung waren im schulpädagogischen staatsexamen meine schwerpunkte. über das notenverteilen habe ich dann in der prüfung auch eine ganze weile referiert - am ende meinte mein pokerface-prof: "sie haben bestanden - mit 4,0. sie haben zwar reichlich detailwissen, aber wozu wollen sie an eine schule?!" so kann man also auch dafür, dass man die falschen bücher (werner sacher) gelesen und die falsche meinung hat, schlecht benotet werden.

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Ja, das nennt man wissenschaftliches Arbeiten. (Zum Kotzen, sowas.)

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Jetzt könnte ich dem Klassenlehrer auch auf den Tisch kotzen. Da erzählt der einem was davon, man solle aufpasen, dass das Kind nicht schulmüde wird, dass man sie motiviert. Im Gespräch sagt er, er würde mit den anderen Lehrern sprechen, die Situation erklären und unser Ziel mitanstreben, da er das alles angeblich genauso sieht.
Nun erfahre ich vom Mathelehrer (von dem ich sehr viel halte) dass der Klassenlehrer das alles nicht getan hat. Dem waren meine Infos alle total neu.

Da versucht man, mit der Schule zusammen zu arbeiten (im Gegensatz zu manchen Berliner Eltern) und bekommt doch nicht wirklich Unterstützung. Muss ich jetzt zu jedem Lehrer einzeln laufen? Beim Elternsprechtag am Freitag hatte ich z.B. einen Termin beim Deutschlehrer. Aber der war das dritte Mal in Folge beim Elternsprechtag krank. Geht's noch?

Ach Frau Morphin, lassen Sie das ruhig mal mit der Schule. Fangen Sie was sinnvolles mit ihrem Leben an. Erwachsenenbildung ist ohnehin besser bezahlt und funktioniert anders. Und die meisten kommen freiwillig, prügeln sich nicht auf dem Schulhof, bedrohen ihre Lehrer nicht sondern schenken ihren Lehrern vor Ferienbeginn ein paar Blümchen. Das ist viel netter.

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Wenn ich das richtig verstanden habe, geht Ihre Tochter in Berlin auf die Schule?

Ich weiß nicht, ob es überall so ist, in Bayern zumindest gibt es die Möglichkeit, nach der Realschule in eine spezielle Förderklasse auf dem Gymnasium zu wechseln. Dort holt man die zweite Fremdsprache nach (die man in Bayern auf der Realschule meist nicht hat) und kann dann nach diesem Jahr in der Förderklasse ganz normal in die Oberstufe gehen.
So habe ich es gemacht (weil ich zu faul war, direkt nach der Grundschule auf das Gymnasium zu gehen).

Ansonsten: auch wenn's schwer fällt, würde ich persönlich Ihnen empfehlen, auf Ihre Tochter zu hören. Wenn es ihr trotz allem in der Klasse gefällt, soll sie dort bleiben. Daher der Tipp mit der Förderklasse nur als Anregung, evt. gibt es sowas auch in Berlin.

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Nein nein... wir hocken in NRW. Und die Möglichkeit nach der Realschule auf einer sog. Kollegschule das Abi nachzubauen haben wir hier auch.

Aber mir geht es darum: Meine Tochter hat bereits 3 Schulwechsel hinter sich (im Gegensatz zu ihren Kalssenkameraden. Die erst einen.) Einen weiteren möchte ich auf jeden Fall vermeiden, weil sie sich schwer tut, neue Freundschaften zu schließen und sich in neuen Gruppen wohl zu fühlen. Ich will ihr das nciht schon wieder antun.

Die Möglichkeiten, die ich in Betracht ziehe sind entweder: Kämpfen und versuchen in der Klasse zu bleiben (das will sie selbst auch am liebsten erreichen)
Oder: Kämpfen und in die Parallelklasse wechseln und dort weniger Leistungsdruck erleben, weil diese Klasse ohnehin eniger leistungsstark ist.
Oder: 6. Klasse wiederholen - aber bitte auf der gleichen Schule.

Absolut versagt hätten wir mit unseren Zielen, wenn sie die Schule verlassen müsste und dann auf eine Realschule gingen. Es wäre für sie der gefühlte Gau. Und schon heute schreien auch meine Ratio und Emotio im Chor, dass das auf jeden Fall zu verhindern ist.

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Wenn ihre Tochter nach Ihnen kommt, ist ein Wechsel nicht nötig :)
Sinnvoll ist er, soweit ich es beurteilen kann, eh nicht. Im Gegensatz zu den meisten Eltern habe sie ein mehr oder weniger gesundes Verständniss für die Situation.

Ein Wechsel in eine Parallelklasse?
Was kommt dabei rum? "Schau mal, die war in der a und ist jetzt bei uns in der c .. warum wohl".
Sinnvoll?

Ein Jahr neu machen ist keine Schande - bietet u.a. den Vorteil, dass sie die Älteste ist.
Wenn Sie damit zurechtkommt ...

Ich kann da nicht wirklich was zu sagen, diese Probleme hat es noch nie gegeben *holzklopf*
Trotzdem sind das meine Gedanken - teilweise auch selbst erlebt (wenn auch 5 Jahre später und aus eigenem Entschluss) :)

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Danke für den Honig.

Ein Wechsel wäre für mein Tochter aber evtl. sinnvoll. Weil sie anderer Lehrer hätte, weil sie sich auf andere Dinge freuen und nicht ständig darauf bedacht sein müsste, was und wie sie etwas sagt.
Dir Frage "Warum wohl" kämme beim Wiederholen einer Klasse ebenso hoch. Von daher ist es egal. Nur eben zu überdenken, was besser wäre und was geht.

Ein Jahr zu wiederholen wäre bei ihr in der Tat nicht schlimm. Sie würde nichteinmal ein Jahr verlieren, weil sie im letzten Jahrgang ist, der Abi in 13 Jahren macht. Die folgenden Jahrgänge machen dann Abi in 12 Jahren. Sie wäre also zum gleichen Zeitpunkt fertig.

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Also wäre sie, falls sie NICHT wiederholt, in dem Jahrgang fertig, indem sowohl die letzten G9- als auch die ersten G8-Abiturienten abgehen? Das würde ich mir allerdings nochmal genau überlegen. Soweit ich es mitbekommen habe (gerne lasse ich mich hier aber berichtigen!) gibt es bislang keine wirklich ausgereiften Pläne, was mit der doppelten Anzahl an Abiturienten passieren soll. Steht ja zu befürchten, dass sich entsprechend auch die doppelte Anzahl für Studien- und Ausbildungsplätze bewerben wird.
Das wäre evt. auch noch ein Aspekt, den Sie bedenken sollten.

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Ganz genau so ist es: Sie ist jetzt in dem Jahrgang und wäre es auch bei Wiederholung immernoch. Sie meinen also, ich sollte überlegen, ob sie entweder eine Klasse überspringt oder gleich zweimal hängen bleibt? Na, ich weiß nicht... ;o)

Es ist im Augenblick egal was sie tut. DAS Problem haben wir auf jeden Fall: Abi 2013

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Hm, Mist dann hatte ich das falsch verstanden. Tut mir leid.

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Macht ja nix... ich finde das auch völlig kompliziert.

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