Montag, 6. Februar 2006
Februar
Es heißt, der Februar sei der kürzeste Monat, aber das könnte ein Irrtum sein.
Wenn man Kalenderblatt für Kalenderblatt vergleicht, dann scheint er der kürzeste zu sein, das stimmt. Ausgetrichen zwischen Januar und März wie Schweineschmalz auf einer Scheibe Brot, reicht er an beiden Seiten nicht bis zum Rand. In seinen Galoschen - und man wird ihn niemals auf Strumpfsocken antreffen - ist er einen ganzen Kopf kürzer als der Dezember, ob wohl er in Schaltjahren, wenn er in die Länge schießt, dem April an die Nase reicht.
Um wieviel kürzer als seine Vettern er auch immer erscheinen mag, anfühlen tut sich der Februar länger als sie alle. Er ist der übelste Mond des Winters, und daß er zu allem Überfluß gelegentlich auch noch als Frühling verkleidet daherkommt, und das auch jeweils nur für ein paar Stunden, um sich dann sogleich wieder mit einem sadistischen Lachen die Maske vom Gesicht zu reißen und all den einfältigen Gesichtern Hagelkörner ins Gesicht zu spucken - ein Benehmen, das einem schnell zum Hals raus hängt - all dies macht ihn nur noch grausamer.
Der Februar ist erbarmungslos, und er ist langweilig. Die Parade roter Zahlen auf seinen Kalenderblättern ist äusserst dürftig: Der Geburtstag des einen oder anderen Politikers, ein für Hamster reservierter Feiertag, was sind das für Festlichkeiten? Das einzige Bläschen im abgestandenen Champagner des Februar ist der Valentinstag. Es war kein Zufall, daß unsere Vorfahren gerade dem Februar den Valentinstag ans Hemd steckten: Wer sich so glücklich schätzen kann, im frigiden, unruhigen Februar eine Liebe sein eigen zu nennen, der hat in der Tat Grund zu feiern.
Abgesehen davon, daß er "im Innern die Knospen färbt und die Blätter wachsen lässt", ist der Fabruar so nutzlos wie das zusätzliche r in seinem Namen. Er führt sich auf wie ein Hindernis, er ist ein matschiges, ein sumpfiges, ein langweiliges Zwischenstück, das sowohl Fortschritt als auch Befriedigung verhindert.
James Joyce wurde im Februar geboren, genau wie Charles Dickens und Victor Hugo. Das zeigt uns, daß Schriftsteller sich am Anfang schwer tun, was nicht heißt, daß ihnen die Entscheidung, wann es an der Zeit wäre, zum Schluß zu kommen, um einen Deut leichter fiele.
Wenn der Februar die Farbe von Schweineschmalz auf Schwarzbrot zukommt, so entspricht sein Geruch dem von nassen Wollhosen. Was den Ton angeht, so haben wir es mit einer abstrakten Melodie zu tun, die auf einer quietschenden Geige gespielt wird, jammernd wie eine seekranke Xanthippe. O Februar, du bist nicht nur klein, du bist auch bescheiden! Verfügtest du in deiner lästigen Ausdehnung über den doppelten Umfang, würden wohl nur wenige von uns überleben, um den schönen Monat Mai willkommen heißen zu können.


(Tom Robbins, Pan Aroma)

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.... und ausgerechnet in diesem Monat habe ich Geburtstag. Jedes Jahr ist mir die Feierstimmung längst abhanden gekommen, dringt kaum einmal ein Sonnenstrahl durch das diesige Dickicht der Wolken an mein Herz. Blöd das!
Jedes Mal denke ich dann: ich will nur meine Ruhe haben...
Nasse Wollhosen, Schweineschmalz auf Schwarzbrot, ja, aber die Melodie, da nähme ich doch eine andere...
Wann ist denn nun endlich Mai???

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Aber DU wirst dann bestimmt eine ganz tolle und erfolgreiche Schriftstellerin.

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recording time: 6825 Tage
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