Samstag, 20. Dezember 2008
Gut zufuß
Als G. und ich heute das Zimmer betraten, stand mein Vater an dem kleinen Tisch wanderte unruhig drum herum und zermetzelte sein Mittagessen, das sich einerseits auf den ganzen Tablett verteilt hatte, aber wohl auch schon in größeren Mengen in seinem Magen gelandet war.
Wow! Er stand! Und er schnitt sein Fleisch und bugsierte es mittels einer Gabel allein in seinen Mund!
Ich bin Tag für Tag auf's Neue überrascht, wie schnell er Fortschritte macht und mit was für einem Ehrgeiz das alles angeht. Er fragte sogar nach einer Zeitung, die ich ihm auch noch schnell besorgte, bevor wir uns wieder verabschiedeten. Allerdings fehlte seine Brille, weswegen ich meine Mom dann auch sofort anrief. Sie schien einerseits erstaunt, als ich ihr erzählte, dass wir mit ihm sogar einen kleinen Spaziergang durchs Haus gemacht hatten. Allerdings hielt ihre Begeisterung sich in Grenzen.
Ich finde das so ermüdend. Immerwieder nörgelt meine Mutter rum. "Ist das nicht schrecklich, wie verwirrt er ist?" Ja, es ist alles andere als schön, dass er nun so ist, wie er ist. Wir werden es allerdings nicht ändern, wenn wir täglich sagen, dass das alles ganz furchtbar ist. Wir können unseren Blick aber auf die guten Dinge werfen.

So war es z.B. bei dem "Spaziergang" so, dass mein Vater bei jeder Frau mit klackernden Absätzen ein kleines Lächeln in den Augen hatte und ihr ein bisschen hinterher sah. Später standen wir am Aufzug und wieder kam eine junge Frau mit klackernden Absätzen und einer roten Mütze. Sie stieg mit uns in den Aufzug. Wir stiegen vor ihr wieder aus und als die Aufzugtür hinter uns zu ging sagte mein Vater leise und schmunzelnd: "Oh, mit ihr würde ich gerne auch mal einen Spaziergang machen. Ich würde die ganze Zeit nur den Absätzen lauschen wollen."

Leben wir nicht alle für die kleinen Momente? Wie kann man sie übersehen?

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Die kleinen Momente, ja... Sie werden immer wichtiger und kostbarer, je mehr Zeit dahin rinnt und je stärker sich alles und alle verändern.

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Ich fand sie immerschon schön. Allerdings nimmt man sie nur wahr, wenn man ihnen den Raum lässt und man leise ist. In hektischen Zeiten sind sie zwar auch da, aber übersieht sie so schnell.... dabei sind sie so wunderschön!

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Diese kleinen Momente sind das, was das Leben so lebenswert macht, nicht das große Brimborium, das man nur 2-3 Mal in seinem Leben hat.

Ich kann aber auch deine Mutter gut verstehen. Der Mann, den sie den größten Teil ihres Lebens neben sich hatte, ist nun doch irgendwie ein anderer. Da fällt es schwer, das hinter sich zu lassen und sich über eben diese kleinen Dinge zu freuen.

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Gnihi, das ist wirklich süß...

(Ich kann auch Ihre Mutter verstehen. Eine solche Veränderung der Persönlichkeit, der Verteilung von Rollen und Verantwortung nach so vielen Jahren, das würde mir viel Angst und Kummer machen - ich bin nicht sicher, wie sehr ich da Augen für die kleinen Momente hätte.)

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Ja, ich kann sie ja auch verstehen... irgendwie.
Aber ich muss zwischendurch trotzdem vehement auf diese Augenblicke aufmerksam machen, damit sie den Blick dafür wieder lernt. Wir stehen ja noch ganz am Anfang der Demenz und er kann noch 20 Jahre leben. Wenn sie allzulange hinter dem früheren Menschen her trauert, verbittert sie und zerbricht daran.

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recording time: 6920 Tage
last track: 2014/01/25 19:09
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